Goa – Palmen, Parties, Strände

Hallo zusammen!

Am Freitag, den 21.02 bin ich gegen Nachmittag mit dem Zug Richtung Goa gestartet. Die Zugfahrt dauerte dieses Mal ganze 22 Stunden und das obwohl Goa – zumindest für indische Verhältnisse – gar nicht so weit entfernt ist. Warum das so ist, zeigte sich bald darauf: Vorbei an Bangalore führt die Strecke im nahezu Schritttempo durch ein Tropenwaldgebiet mit atemberaubend schöner Aussicht bis hin an die Westküste Indiens.

Durch das komplizierte Ticketsystem war bis zum Schluss nicht ganz sicher, was für Plätze wir bekommen würden. Unsere Tickets waren – wie wir erst später erfuhren – zunächst lediglich Wartelistenplätze, die im Aufrückverfahren in sogenannte RAC-Plätze umgewandelt wurden. Das heißt so viel wie, man teil sich ein Bett mit einer anderen Person und aufgrund der Größe der Betten ist an Schlafen nicht zu denken. Glücklicherweise haben wir jedoch noch während der Zugfahrt aufgrund von leer gebliebenen Plätzen ein begehrtes Einzelbett im gut gekühlten AC-Bereich bekommen.

Eine Zugfahrt in Indien wird nie langweilig, da man leicht andere Menschen auf der Durchreise kennenlernt. So haben wir zunächst eine nette Familie aus Bangalore kennengelernt, die ihre indischen Snacks mit uns geteilt hat. Später hat uns eine Gruppe von Angestellten einer indischen Autofirma auf dem Weg nach Goa auf Trab gehalten bis wir gegen 15 Uhr am Samstag in Vasco da Gama ankamen (Vasco da Gama ist benannt nach dem portugiesischen Seefahrer, der 1498 als erster Europäer Indien über das Kap der Guten Hoffnung erreichte und seit jeher als Entdecker dieser Route gilt).

Goa ist der kleinste indische Bundesstaat und war ehemals portugiesische Kolonie. Da die Portugiesen die erste große Kolonialmacht in Indien waren, erstreckte sich ihre Epoche über einen ziemlich langen Zeitraum. Dadurch ist Goa einer der Staaten mit der höchsten Prägung durch eine Kolonialmacht. Der portugiesische Einfluss zeigt sich heute noch in der Architektur vieler Gebäude und dem hohen katholischen Bevölkerungsanteil. Zudem haben viele der Bewohner Verbindungen nach Portugal, sodass man immer wieder auf portugiesische Namen oder interessante portugiesisch-indische Namenskombinationen trifft.

Lage Goas in Indien

Goa ist schon seit jeher ein beliebtes Ziel für indische und internationale „Hippies“. Viele Menschen mit alternativen Lebensentwürfen und Aussteiger versuchen hier ihr Glück. Zudem ist Goa berühmt für die ausgelassenen Trap-Parties am Strand, bei denen nach allerlei bunter Pillen zu ballernder Trap-Musik die Nacht zum Tag gemacht wird. Allerdings hat der kleine Küstenstaat weitaus mehr zu bieten als das – heutzutage ist er beliebtes Reiseziel für so ziemliche jede Art von Strand- und Kulturtourist. Man findet indische und internationale Familien, Partysuchende, Individualreisende, Pärchen und Weltenbummler. Das liegt vor allem daran, dass Goa für jeden etwas zu bieten hat. Der Süden ist etwas ruhiger, hier soll es auch noch unentdecktere Abschnitte geben – die Parties jedenfalls spielen sich eher im Norden ab. Die größte Gruppe internationaler Reisender stellen interessanterweise die Russen, wohl vor allem aufgrund der niedrigen Preise und der „Nähe“. So gibt es viele Karten sowohl in englischer als auch in russischer Sprache und in manchen Restaurants spricht sogar die Bedienung russisch.

Wir waren etwas nördlich des Zentrums von Goa in einem Airbnb in Calangute untergebracht. Obwohl Goa nicht allzu groß ist, unterschätzt man die Entfernungen und das langsame Vorankommen auf indischen Straßen schnell. Frühere Pläne, innerhalb der 3 Tage noch in Richtung Süden zu reisen, haben wir schnell wieder verworfen. Das war allerdings auch nicht nötig: nur 2 Minuten Fußweg von unserem Aribnb entfernt gab es einen unglaublich schönen Strand, der hier in Goa im Gegensatz zu vielen anderen Orten auch super sauber ist. Die Gegend war sehr touristisch geprägt, es gibt eine Strandbude neben der anderen, die alle mit Musik, Drinks und Essen locken. Man merkt hier schnell, dass der Tourismus auch gewisse Vorteile mit sich bringt: Das Essen ist wesentlich abwechslungsreicher und der Service merklich besser als in vielen Restaurant in Chennai, sicherlich vor allem durch die hohe Konkurrenz. Obwohl Goa um einiges teurer ist als Chennai, sind die Preise noch immer gering für europäische Verhältnisse. So bekommt man hier ein wirklich gutes Essen für umgerechnet 5 Euro! (Einen frischen Fisch für 2 Personen für 10 Euro) Die Tage haben wir hauptsächlich am Strand verbracht, nach etwas anstrengenderen Wochen in der Uni war das eine willkommene Abwechslung.

Am ersten Abend habe ich es mir nicht nehmen lassen und das Nightlife von Goa mal auf die Probe gestellt. Im Gegensatz zu den sehr konservativen Vorschriften in Chennai und Tamil Nadu insgesamt, wird hier überall und zu jeder Zeit Alkohol ausgeschenkt und die Parties laufen die ganze Nacht durch (in Chennai ist ab 2:00 Uhr Schluss und selbst das nur in internationalen Hotels, andere Bars machen meist schon gegen 23/24 Uhr Feierabend). Auch andere Drogen sind in Goa leicht zu bekommen, wenn auch höchst illegal. Mehrfach wurde ich sogar von Kellnern angesprochen, ob ich dies oder jenes kaufen möchte, aber ich bin selbstverständlich nur bei Alkohol geblieben. Die Parties in Goa sind ausgelassen und haben eine einmalige Atmosphäre, da sich hier fast alles direkt am Strand abspielt. Damit hat Goa bei mir alle Tests für ein gelungenes Nachtleben bestanden – besser geht es kaum! Wenn man nach einer langen Partynacht am Strand zurückläuft, kann man schon die ersten frühen Vögel bei der Yoga-Morgenroutine beobachten. Es ist auch dieser einzigartige Mix aus so vielen verschiedenen Menschen, der Goa in meinen Augen so besonders macht.

Am Dienstagmorgen um 03:00 Uhr ging es leider schon wieder – dieses Mal mit dem Flieger – zurück nach Chennai. Ich konnte zwar nur einen kleinen Teil Goa’s sehen und bin trotzdem schon begeistert – der kleine Küstenstaat hat jedoch noch so viel mehr zu bieten. Wenn ich es irgendwie einrichten kann, werde ich auf jeden Fall zurückkommen!

Bis bald,
Eurer Freddo

PS: Wenn euch bestimmte Dinge über Indien besonders interessieren, schreibt mir gerne. Ich überlege, vielleicht auch mal einen Beitrag zu schreiben, der nicht über einen bestimmten Trip berichtet, sondern eher allgemeiner ist (das Essen, die Kultur, .. )

Trip nach Madurai und Rameswaram

Hallo zusammen!

Letztes Wochenende bin ich mit einer Gruppe internationaler Studenten zunächst nach Madurai und von dort aus nach Rameswaram gefahren. Neben Bussen sind Züge und insbesondere Nachtzüge die Art zu reisen in Indien. Ein Konzept, das es in Deutschland zwar auch gibt, ich bisher jedoch nie genutzt habe. Hier in Indien ist das aufgrund der Länge der Strecken allerdings sehr sinnvoll und unglaublich praktisch, wenn man sich erstmal daran gewöhnt hat. Am Freitag gegen 18 Uhr haben wir uns mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufgemacht zum Hauptbahnhof Chennais. Es gibt zwar mittlerweile zwei hochmoderne Metrolinien, die mit Leichtigkeit bei europäischem Niveau mithalten können, allerdings decken diese noch längst nicht das riesige Stadtgebiet ab. Wir sind deshalb zunächst mit dem Lokalzug, vergleichbar mit dem S-Bahn Konzept, gefahren, der wiederum ziemlich alt und abenteuerlich ist – Türen gibt es keine, es ist wackelig und voll und man beeilt sich besser, um nicht während der Fahrt auf- oder abspringen zu müssen.

Bahnhöfe in Indien sind ein Erlebnis für sich. Hier tummeln sich Menschen aus dem gesamten Land, die Atmosphäre ist voller Leben und man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Jeder Zug hat eine Unmenge an verschiedenen Klassen (soweit ich mich erinnere, gibt es 8), die sich in ihrem Komfort und Versorgungsangebot unterscheiden. Wir waren in Klasse 3A untergebracht, irgendwo im oberen Mittelfeld, das wichtigste Feature hier: die Klimaanlage. Die Wagen sind als Schlafwagen konzipiert, statt eines Sitzes hat man also gleich ein ganzes Bett, wie auf den Bildern zu erkennen. Pünktlich um 22:30 Uhr ging die rund 9 stündige Fahrt los und die meisten der Passagiere legten sich direkt schlafen. Obwohl ich einen eher empfindlichen Schlaf habe, konnte ich am Ende besser schlafen als erwartet. Angenehmerweise verliert man durch diese Art des Reisens keine Zeit und hat zwei volle Wochendendtage.

Die Route

In Madurai angekommen haben wir zunächst ein Restaurant zum Frühstücken aufgesucht. Wir gehen hier oftmals in kleine lokale Restaurants, an die hygienischen Standards und das Essen muss man sich definitiv zunächst gewöhnen, ich hatte allerdings bisher – ich will hier nichts beschreien – keinerlei Magenprobleme. Wenn man sich langsam steigert, kann sich also auch ein europäischer Magen an das Essen hier gewöhnen. Gegessen wir traditionellerweise mit der rechten Hand und – das ist vor allem im Süden Gebrauch – von einem Bananenblatt. Die Hände wäscht man sich vorher an dafür bereitgestellten Waschstellen, eine Seife bringt man am besten selbst mit. Es gab Masala Dosa, eine Art Brot mit einer Füllung aus Kartoffeln und Gewürzen dazu Sauce zum Dippen und natürlich Kaffee. In Indien ist, zumindest meinem Empfinden nach, wirklich alles scharf. Als jemand, dem schon die Tränen kamen, wenn ich mein Essen mit etwas zu viel Pfeffer gewürzt habe, hatte ich hier am Anfang echt zu kämpfen. Das wird zwar mit der Zeit besser und ich denke, ich bin mittlerweile wesentlich unempfindlicher und doch werde ich immer wieder mal überrascht und dann mit hochrotem Kopf, tränenden Augen und brennendem Mund Anlass für Gelächter in der Runde.

Szene in Madurai

Madurai ist eine kleinere indische Stadt mit rund 1 Million Einwohnern und vor allem bekannt für seine Tempel. Wir haben den Minakshi-Tempel besucht, dessen Ursprünge auf das 12-13. Jahrhundert zurückgehen. Der Eintritt in solch kulturelle Einrichtungen ist in Indien meist kompliziert. Man muss einen Sicherheitscheck durchlaufen und sämtliche Taschen sowie Kameras, Handys usw. abgeben. Filmen und Fotografieren ist leider nicht erlaubt, das ist in Anbetracht der Tatsache, dass Menschen diesen Ort auch für religiöse Rituale aufsuchen, durchaus verständlich. Innerhalb des Tempels kann man die verschiedenen Bauwerke des Gesamtkomplexes bewundern und im Museum einen Eindruck von der hinduistischen Religion erhalten. Diese ist ziemlich komplex. Es gibt eine Vielzahl von Göttern, Praktiken und Erzählungen, die sich in verschiedenen Strömungen über das ganze Land stark unterscheiden können. Mit in unserer Gruppe war auch ein indischer Student, der allerdings aus dem Norden kam und uns dennoch einiges Generelles über den Glauben und verschiedene Gottheiten erzählen konnte.

Minakshi-Tempelanlage

Nach dem Tempelbesuch haben wir eine Kirche besucht, die an diesem Tag auch von zahlreichen Schulklassen aufgesucht wurde. Alle Kinder tragen eine einheitliche Schuluniform und viele waren begeistert uns zu sehen, wollten Fotos machen und unsere Hände schütteln. Generell ist das Interesse an uns als eine Gruppe von offensichtlich weißen Ausländern oftmals hoch. Während das zum Beispiel auf meinem Campus absolut keine Rolle spielt, so gibt es gerade in kleineren oder abgelegeneren Orten (wobei Madurai eigentlich nicht dazu gehört) noch einige Menschen, die zum Teil das Erste mal in ihrem Leben einen hellhäutigen Menschen sehen. Viele wollen ein Selfie machen und fragen, woher man kommt. Gesehen wird man als hellhäutige Person oft als reich und privilegiert, und man erfährt zum Teil eine ziemlich hohe Anerkennung, die sich für mich eher befremdlich anfühlt. Trotzdem hat es Vorteile so angesprochen zu werden, da man mit unheimlich vielen Menschen ins Gespräch kommt und zudem ist sicherlich angenehmer als an einen Ort zu kommen und wegen seiner Hautfarbe eher gemieden zu werden wie es auf unserem Planeten leider doch immer noch vorkommt. Am schönsten wäre es jedoch, wenn dieses Thema überhaupt keine Rolle spielen würde. Wie dem auch sei, ich habe mittlerweile aufgehört zu zählen, auf wie vielen fremden Handys Selfies von meinem grinsenden Gesicht zu finden sind.

Gegen Nachmittag haben wir uns ein wenig durch die Stadt treiben lassen. Es ist unheimlich interessant zu sehen, wie Menschen hier leben. Überall herrscht reges Treiben, jeder arbeitet an irgendwas, jeder scheint eine Rolle in diesem unüberblickbaren Chaos zu spielen. Eine weniger schöne Seite Indiens ist dabei leider ein ständiger Begleiter: Müll. Müll gibt es hier wirklich überall und in Massen. Es gibt in vielen Gebieten noch keine Infrastruktur, die mit diesem unfassbaren Müllaufkommen fertig würde und so finden sich auch unschönere Bilder in der Galerie.

Busfahrt nach Rameswaram

Später ging es mit dem Bus in Richtung Rameswaram. Die Busfahrten in solchen staatlichen Bussen machen unglaublich Spaß – zumindest, wenn man einen Sitzplatz hat. Die Autobahn war hochmodern und die Landschaft um uns herum atemberaubend schön und so kann man bei indischer Musik, die hier oft laut in den Bussen gespielt wird, die Aussicht genießen. Rameswaram ist nur einen Katzensprung von Sri Lanka entfernt und mindestens genauso verrückt, wie alle anderen Orte, die ich hier bisher gesehen habe. Überall auf den Straßen laufen Kühe, Ziegen und Hunde herum und der Verkehr ist ein einziges Chaos, das trotzdem irgendwie funktioniert und so langsam beginne ich auch zu verstehen, wie. Anders als in Deutschland, wo der Verkehr viel auf Vertrauen basiert, also zum Beispiel, wenn ein Auto ein anderes links überholt verlässt man sich darauf, dass das andere Auto nicht plötzlich nach links ausschert und regelmäßig in die Spiegel schaut, muss man in Indien sehen, wo man bleibt. Hier wird die Hupe als Signal genutzt. Hupen heißt so viel wie „Achtung, hier bin ich!“ und so hupt man bei jedem Überholgang einfach mehrmals oder durchgängig. Das ist sogar durchaus erwünscht – viele der LKW haben den Schriftzug „Sound horn“ auf der Rückseite geschrieben, damit vor allem die zahlreichen Motorräder und Roller hupen und nicht übersehen werden. Durch diese Art der Kommunikation im Verkehr ist allerdings an keiner indischen Straße an Ruhe zu denken.

Straßenszene in Madurai

In Rameswaram waren wir in einem kleinen Hotel untergebracht. Wir haben uns noch am gleichen Tag Roller und Motorräder ausgeliehen, das ging, wie in den meisten Fällen, ohne Ausweis oder Führerschein – in Indien ist eben alles möglich. Am nächsten Morgen sind wir früh zum Sonnenaufgang zu einem Aussichtspunkt gefahren und haben die Aussicht genossen. Später haben wir Zeit am Strand verbracht und konnten eine Gruppe von lokalen Fischerinnen und Fischern dabei beobachten, wie sie ihrer traditionellen Arbeitsweise nachgingen. Dabei haben sie ein langes Netz halbkreisförmig im Wasser liegen und ziehen es dann an beiden Enden langsam ans Ufer. An beiden Enden ziehen ungefähr 10 Menschen, ein unheimlicher Kraftakt, der mehrere Stunden dauert. Irgendwann sind die Fische nur noch in einem kleinen Bereich vorne am Ufer eingepfercht und werden mit kleineren Netzen an Land gebracht. Die gesamte Dorfgemeinschaft hat hier mit angepackt – die Frauen haben die Fische am Strand sortiert und die Männer Netz über Netz voller Fische an Land geholt. Etwas weiter im Wasser konnten wir Delphine beobachten, die vermutlich auf entkommene Fische lauerten. Zwei Schildkröten waren als Beifang mit in dem großen Netz und wurden wieder freigelassen. Es war interessant zu sehen, wie traditioneller Fischfang funktioniert und wie nachhaltig er im Gegensatz zum industriellen Hochseefischfang ist. Gefischt wurde nur an einem kleinen Strandabschnitt, die Menge an Fisch dürfte für den Eigenbedarf und/ oder den lokalen Verkauf in Restaurants reichen.

Fischer bei der Arbeit

Den Rest des Tages haben wir am Strand verbracht. Das Wasser und die Umgebung sind wunderschön, doch auch hier gab es überall viel Müll. Ein insgesamt starker Kontrast zu der Arbeitweise der Fischer, die so im Einklang mit der Natur zu sein schien. Abends sind wir zurück im Sleeper-Bus nach Chennai gefahren. Es war ein sehr schöner Ausflug und doch waren wir uns alle einig, dass wir uns schon wieder auf unser kleines Hostelzimmer auf unserer Campusoase freuen.

Liebe Grüße
Freddo



Das IITM

Hallo zusammen!

Das Indian Institute of Technology Madras (IITM) ist eines von mittlerweile 23 Instituten dieser Art, die allesamt – anders als andere Universitäten hier im Land – direkt von der indischen Regierung in Delhi verwaltet werden. Alle IIT’s und besonders das IITM genießen einen unheimlich guten Ruf in Indien, sodass ich schon so manch staunenden Blick zugeworfen bekam, als ich Indern erzählte, hier zu studieren. Insgesamt bewerben sich jedes Jahr über 1 Millionen Inder um einen der begehrten Plätze dieser Topuniversitäten des Landes, doch nur ca. 25000, also 2,5%, dieser bekommen tatsächlich die Chance, hier ihr Glück zu versuchen. Über die Landesgrenzen hinaus ist es dagegen weniger und wenn wohl eher unter Leuten vom Fach bekannt.

Zu Deutschland hat gerade das IITM eine sehr besondere Beziehung, da es ursprünglich 1959 mit Unterstützung der damaligen Bundesregierung gegründet und erbaut wurde. Wissen tun das heute nicht mehr viele, ein symbolisches Relikt dieser Zeit ist jedoch, dass die beiden wichtigsten Hauptstraßen des Campus Bonn und Delhi heißen.

Die Karte des Campus – Bhadra Hostel unten links

Das IITM hat insgesamt ca. 10000 Studenten, was für eine rein technische Universität nicht wenig, aber auch nicht unheimlich viel ist (TU Hamburg hat ca. 7000). Trotzdem lebt man hier wie in einer kleinen Stadt in der Stadt. Alle Mitarbeiter, Professoren und Studierenden leben auf dem Campus in verschiedenen Bereichen wie auf der Karte zu sehen. Zudem gibt es verschiedene Läden zum Einkaufen, Cafés, Schulen, eine Bank und einen Friseur.

Der Campus des IITM ist eine wahnsinnige Idylle und eine Oase in einer ansonsten lauten, dreckigen und chaotischen indischen Großstadt. Er grenzt direkt an einen Nationalpark und ist ein grünes Paradies mit frei lebenden Rehen, Affen, jeder Menge Hunde und zahlreicher weiterer kleinerer Tiere. Wenn man hier durch die Straßen fährt, vergisst man schnell, dass man sich eigentlich auf dem Campus einer Universität befindet. Alle Tiere hier sind den Menschen gewöhnt und unheimlich zutraulich. Die Rehe stehen selbst bei Großveranstaltungen mitten im Gemenge und fressen seelenruhig Übergebliebenes vom Boden. Die Affen können, wenn man offensichtlich Essbares sichtbar mit sich herumträgt, sogar so frech werden und es einem direkt aus der Hand reißen und die Hunde sind so entspannt, dass sie zum Teil sogar mitten auf der Straße herumdösen. Der respektvolle Umgang mit den Tieren wird hier äußerst ernst genommen, schlechte Erfahrungen mit Menschen scheinen die meisten tierischen Bewohner hier noch nicht gemacht zu haben. Das gesamte Gebiet ist umzäunt und alle Ein- und Ausgänge werden – mehr oder weniger – streng bewacht (als weißer wird man meistens durchgewinkt, ohne einen Ausweis vorzeigen zu müssen). Sobald man einen Schritt aus dem Campus macht, ist die Light-Version Indiens vorbei und die volle Wucht der indischen Realität schlägt einem entgegen. Ich wage mich trotzdem immer mal wieder vor die Tür – ich bin ja nicht hier, um mich zu verstecken.

Affentheater

Mit 2.5km ist der Campus zudem ziemlich groß, so groß, dass es eine eigene Buslinie gibt, die im 15 Minutentakt wichtige Haltestellen anfährt. Am einfachsten und schönsten ist es jedoch, wenn man die Strecken hier mit dem Fahrrad zurücklegt und so habe ich mir gleich in meiner zweiten Woche ein gebrauchtes zugelegt.

Busfahrt über den Campus

Das Sportangebot hier ist überwältigend. Es gibt nahezu nichts, was nicht angeboten wird. Für jede größere Sportart wie Fußball, Basketball, Volleyball gibt es ein offizielles IITM Team, das auch an inter-universitären Turnieren teilnimmt. Darüber hinaus kann man auch außerhalb dieser Teams jede Sportart ausüben. Es gibt Volleyball-, Tennis-, Fußball- und Basketball-, Badminton- und Squashfelder; ein großen Swimmingpool, ein umfangreiches Kursangebot (z.B. Yoga) und ein Fitnessstudio.

Das Bhadra Hostel
Ich lebe, so wie alle internationalen männlichen – alle Hostels sind hier strikt nach Geschlecht getrennt – im Bhadra Hostel, ganz unten links auf der Karte. Obwohl das IITM die Elite-Uni des Landes ist, ist das Leben hier zum Teil eher rudimentär und doch vollkommen ausreichend. Viele indische Studenten teilen sich ihr Zimmer mit einem Mitbewohner – ich bin hingegen glücklicher Besitzer eines Einzelzimmers.

Mein Zimmer

Mein Zimmer mag auf den ersten Blick eher einer kleinen Zelle ähneln und doch gewöhnt man sich ziemlich schnell an das neue Umfeld. Bei dem Wetter und Freizeitangebot verbringt man ohnehin den Großteil des Tages außerhalb des Hostels. Es gibt pro Stockwerk zwei Gemeinschaftswaschräume mit ausschließlich kaltem Wasser, einen Waschraum für alle in Stockwerk 2 und zahlreiche Wasserspender. Ich selbst lebe ganz oben in Stockwerk 7 – von hier aus hat man auf jeden Fall den besten Ausblick auf die Stadt und die meisten Mosquitos werden auf dem Weg nach oben schon so satt, dass ich mir um Stiche kaum Sorgen machen muss.

Die Bhadra Crew wacht Tag und Nacht über uns

Liebe Grüße aus dem fernen Chennai,
Euer Freddo

Namaste!

Hallo zusammen und willkommen zu meinem Blog!

Ich bin vor knapp 3 Wochen von Hamburg aufgebrochen zu meinem 4-monatigen Auslandssemester in Chennai, Indien. Ich werde ich ein Semester lang vor allem am Computer Science Department Kurse belegen und jede freie Minute dazu nutzen, so viel wie möglich von meiner Umgebung hier zu erkunden.

Diesen Blog möchte ich nutzen, um meine Erfahrungen und Eindrücke mit euch zu teilen. Indien ist das zweitbevölkerungsreichste Land dieser Erde und hat mit knapp 1,3 Milliarden Menschen mehr Einwohner als die USA und ganz Europa zusammen! Die Kultur ist – so viel kann ich schon sagen – unheimlich reich und vielfältig. Zudem ist Indien Gegensatz zu China (zumindest in der Theorie) eine Demokratie. Ein Land, das zwischen Tradition und Moderne momentan eine gewaltige Entwicklung zu durchleben scheint. Und doch behaupte ich, dass die meisten Leute in Deutschland am Ende recht wenig über dieses Land wissen. Warum auch? Es ist relativ weit weg und kulturell zum Teil weit entfernt von dem, was wir in Deutschland und Europa kennen. Zudem spielt es international trotz seiner gewaltigen Bevölkerungsanzahl keine wesentlich Rolle, die dazu im Verhältnis stünde. Ich glaube jedoch, dass Indien generell großes Potential hat (aber dazu später mehr) und dass das, was heute gilt, in 10, 20 oder 30 Jahren wesentlich anders aussehen kann.

Ich werde diesen Blog vermutlich derart gestalten, dass ich kleinere und in sich abgeschlossene Beiträge zu Events und Themen verfasse. Es wird also keine feste Chronologie geben und die Beiträge sind auch unabhängig von einander verständlich.

Also für jeden, den es interessiert, schaut immer mal wieder vorbei!

Euer Freddo!