Hallo zusammen!
Am Freitag, den 21.02 bin ich gegen Nachmittag mit dem Zug Richtung Goa gestartet. Die Zugfahrt dauerte dieses Mal ganze 22 Stunden und das obwohl Goa – zumindest für indische Verhältnisse – gar nicht so weit entfernt ist. Warum das so ist, zeigte sich bald darauf: Vorbei an Bangalore führt die Strecke im nahezu Schritttempo durch ein Tropenwaldgebiet mit atemberaubend schöner Aussicht bis hin an die Westküste Indiens.
Indische Gleisarbeiten Bahnhof in Vasco da Gama
Durch das komplizierte Ticketsystem war bis zum Schluss nicht ganz sicher, was für Plätze wir bekommen würden. Unsere Tickets waren – wie wir erst später erfuhren – zunächst lediglich Wartelistenplätze, die im Aufrückverfahren in sogenannte RAC-Plätze umgewandelt wurden. Das heißt so viel wie, man teil sich ein Bett mit einer anderen Person und aufgrund der Größe der Betten ist an Schlafen nicht zu denken. Glücklicherweise haben wir jedoch noch während der Zugfahrt aufgrund von leer gebliebenen Plätzen ein begehrtes Einzelbett im gut gekühlten AC-Bereich bekommen.
Eine Zugfahrt in Indien wird nie langweilig, da man leicht andere Menschen auf der Durchreise kennenlernt. So haben wir zunächst eine nette Familie aus Bangalore kennengelernt, die ihre indischen Snacks mit uns geteilt hat. Später hat uns eine Gruppe von Angestellten einer indischen Autofirma auf dem Weg nach Goa auf Trab gehalten bis wir gegen 15 Uhr am Samstag in Vasco da Gama ankamen (Vasco da Gama ist benannt nach dem portugiesischen Seefahrer, der 1498 als erster Europäer Indien über das Kap der Guten Hoffnung erreichte und seit jeher als Entdecker dieser Route gilt).
Goa ist der kleinste indische Bundesstaat und war ehemals portugiesische Kolonie. Da die Portugiesen die erste große Kolonialmacht in Indien waren, erstreckte sich ihre Epoche über einen ziemlich langen Zeitraum. Dadurch ist Goa einer der Staaten mit der höchsten Prägung durch eine Kolonialmacht. Der portugiesische Einfluss zeigt sich heute noch in der Architektur vieler Gebäude und dem hohen katholischen Bevölkerungsanteil. Zudem haben viele der Bewohner Verbindungen nach Portugal, sodass man immer wieder auf portugiesische Namen oder interessante portugiesisch-indische Namenskombinationen trifft.
![](http://frederikrogge.de/wp-content/uploads/2020/03/557px-Goa_in_India_claimed_and_disputed_hatched.svg_.png)
Goa ist schon seit jeher ein beliebtes Ziel für indische und internationale „Hippies“. Viele Menschen mit alternativen Lebensentwürfen und Aussteiger versuchen hier ihr Glück. Zudem ist Goa berühmt für die ausgelassenen Trap-Parties am Strand, bei denen nach allerlei bunter Pillen zu ballernder Trap-Musik die Nacht zum Tag gemacht wird. Allerdings hat der kleine Küstenstaat weitaus mehr zu bieten als das – heutzutage ist er beliebtes Reiseziel für so ziemliche jede Art von Strand- und Kulturtourist. Man findet indische und internationale Familien, Partysuchende, Individualreisende, Pärchen und Weltenbummler. Das liegt vor allem daran, dass Goa für jeden etwas zu bieten hat. Der Süden ist etwas ruhiger, hier soll es auch noch unentdecktere Abschnitte geben – die Parties jedenfalls spielen sich eher im Norden ab. Die größte Gruppe internationaler Reisender stellen interessanterweise die Russen, wohl vor allem aufgrund der niedrigen Preise und der „Nähe“. So gibt es viele Karten sowohl in englischer als auch in russischer Sprache und in manchen Restaurants spricht sogar die Bedienung russisch.
Sonnenuntergang Gaumenschmaus Klassisches Frühstück Frischer Fisch Las Olas – hier war ich 3 mal in 4 Tagen. Sehr zu empfehlen!
Wir waren etwas nördlich des Zentrums von Goa in einem Airbnb in Calangute untergebracht. Obwohl Goa nicht allzu groß ist, unterschätzt man die Entfernungen und das langsame Vorankommen auf indischen Straßen schnell. Frühere Pläne, innerhalb der 3 Tage noch in Richtung Süden zu reisen, haben wir schnell wieder verworfen. Das war allerdings auch nicht nötig: nur 2 Minuten Fußweg von unserem Aribnb entfernt gab es einen unglaublich schönen Strand, der hier in Goa im Gegensatz zu vielen anderen Orten auch super sauber ist. Die Gegend war sehr touristisch geprägt, es gibt eine Strandbude neben der anderen, die alle mit Musik, Drinks und Essen locken. Man merkt hier schnell, dass der Tourismus auch gewisse Vorteile mit sich bringt: Das Essen ist wesentlich abwechslungsreicher und der Service merklich besser als in vielen Restaurant in Chennai, sicherlich vor allem durch die hohe Konkurrenz. Obwohl Goa um einiges teurer ist als Chennai, sind die Preise noch immer gering für europäische Verhältnisse. So bekommt man hier ein wirklich gutes Essen für umgerechnet 5 Euro! (Einen frischen Fisch für 2 Personen für 10 Euro) Die Tage haben wir hauptsächlich am Strand verbracht, nach etwas anstrengenderen Wochen in der Uni war das eine willkommene Abwechslung.
Am ersten Abend habe ich es mir nicht nehmen lassen und das Nightlife von Goa mal auf die Probe gestellt. Im Gegensatz zu den sehr konservativen Vorschriften in Chennai und Tamil Nadu insgesamt, wird hier überall und zu jeder Zeit Alkohol ausgeschenkt und die Parties laufen die ganze Nacht durch (in Chennai ist ab 2:00 Uhr Schluss und selbst das nur in internationalen Hotels, andere Bars machen meist schon gegen 23/24 Uhr Feierabend). Auch andere Drogen sind in Goa leicht zu bekommen, wenn auch höchst illegal. Mehrfach wurde ich sogar von Kellnern angesprochen, ob ich dies oder jenes kaufen möchte, aber ich bin selbstverständlich nur bei Alkohol geblieben. Die Parties in Goa sind ausgelassen und haben eine einmalige Atmosphäre, da sich hier fast alles direkt am Strand abspielt. Damit hat Goa bei mir alle Tests für ein gelungenes Nachtleben bestanden – besser geht es kaum! Wenn man nach einer langen Partynacht am Strand zurückläuft, kann man schon die ersten frühen Vögel bei der Yoga-Morgenroutine beobachten. Es ist auch dieser einzigartige Mix aus so vielen verschiedenen Menschen, der Goa in meinen Augen so besonders macht.
Am Dienstagmorgen um 03:00 Uhr ging es leider schon wieder – dieses Mal mit dem Flieger – zurück nach Chennai. Ich konnte zwar nur einen kleinen Teil Goa’s sehen und bin trotzdem schon begeistert – der kleine Küstenstaat hat jedoch noch so viel mehr zu bieten. Wenn ich es irgendwie einrichten kann, werde ich auf jeden Fall zurückkommen!
Bis bald,
Eurer Freddo
PS: Wenn euch bestimmte Dinge über Indien besonders interessieren, schreibt mir gerne. Ich überlege, vielleicht auch mal einen Beitrag zu schreiben, der nicht über einen bestimmten Trip berichtet, sondern eher allgemeiner ist (das Essen, die Kultur, .. )